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Kirchenkabarett KLÜNGELBEUTEL
" G O T T i s t e i n H ü t c h e n s p i e l e r "
Das 9. Programm
Regie: Joschi Vogel
Premiere: 1. Mai 2010
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20 Jahre KLÜNGELBEUTEL
Behmenburg'sche Konzerte
Reiner Rautenberg,
ein langjähriger Wegbegleiter
erinnert sich
1991 war's, auf dem Kirchentag in München, bei einer Kirchenkabarett-Spontan-Session von mehreren Gruppen (so was gab's vorher nicht) auf der Profibühne im Gasteig - da wurde ich zum Fan dieser sehr speziellen Kabarett-Crew: ausgefeilte Nummern garniert mit hochprozentigen A Capella Songs, ich war begeistert.
Und stolz. Denn bald schon konnten wir Weiteres vereinbaren.
Festival-Feeling
Ein zur damaligen Zeit (1994) unglaubliches dreitägiges Kirchenkabarett-Festival in Dortmund zum Beispiel. Und dann die Festival-Fortsetzung bei den Kirchentagen in Hamburg und Leipzig mit unseren total verrückten Doppel-Spielstätten: Drinnen alles rappelvoll, und draußen auf den Treppenstufen vor der Eingangstür spielten die Kollegen, die auf der Bühne gerade nicht dran waren, für die vielen, die drinnen keinen Platz mehr gekriegt hatten. Unvergessliche Kirchentagsmomente. Aber auch Ärger mit den Strukturen des Kirchtags. Und eine kleine Versöhnung beim Heimatkirchentag in Köln 2007.
Programm-Sprünge
Bei allem Interesse an auswärtigen Events, der Klüngelbeutel verfolgte konsequent die eigenen Entwicklungssprünge von Programm zu Programm.
Ja diese Programme... Für mich herausragend das Themenprogramm über das Lachen in der Kirche, einfach "Das Geräusch" genannt, aber auch das experimentelle Jona-Stück mit dem abgedrehten Fische-Talk. Der unmögliche protestantischen Karneval wurde nebenbei kreiert, das Jahr 2000 mit einem "Abendmahl for one" gefeiert. Und schließlich mit "Opium" zum ersten Kirchenkabarettpreis.
Ja, und diese Nummern... Was alles aus einem Pfarrerleben oder einem Priesterbad auf der Kabarettbühne rauszuholen ist ... Sie lieben die Grenzgänge, Auftritte bei Orthodoxen auf Kreta, waghalsiger Einbau von Improtheater und freches Aufspielen vor Kirchenleitungen. Dabei sind sie keine Dauerauftreter und auch keine Lautsprecher in der Kirchenkabarett-Szene, kollegial zurückhaltend, eher bescheiden. Eben rundherum verdientermaßen die ersten Preisträger des ersten Kirchenkabarettpreises, der "Zündkerze".
Kunst und Arbeit
Okay, ich gerate ins Schwärmen, es gibt ja auch die anderen Seiten. "Ich weiß nicht, ob das trägt?" Standardspruch und echte Skepsis vor jeder Bühnenneuigkeit. Die schon fast quälende Disziplin, sind eben protestantische Kölner, zwei Klüngelbeutel noch nicht mal letzteres. Wenn's schwierig wird, ist da noch die ruhige und sicherere Hand der Theatermalerin Wencke und einen Regisseur haben sie ja auch noch: Joschi Vogel.
Ganz nebenbei habe ich Einfältiger und von Kirche nie so doll Geprägter richtig was gelernt über die alte Dame. Der Klüngelbeutel ging hart und schonungslos mit diesem Pflegefall um - und verpasste ihr in Wahrheit Verjüngungsspritzen in Serie.
Ach so, ich soll mich kollegial erinnern ... Gut, noch schnell dies:
PROT's Sitzung
Meine erste Prot's Sitzung, ich war eingeladen, bekam einen VIP-Platz ganz vorne, Einzug, "Dä Zoch kütt", alle im Saal erhoben sich - nur ich nicht, mach ich eigentlich nie, bin Westfale. Dann wieder Ausmarsch zur Pause: Wolfram führte den Zug an, als Bischof, und ließ mich (mich!) seinen Ring küssen, mach ich eigentlich auch nie, da aber doch. Nun, der Klüngelbeutel hat's halt verdient. Auf meiner Homepage lautet der Kommentar zum Link nach www.kluengelbeutel.de: "Simply the best".
Gänsehaut
Das Schönste zum Schluss: Kölner Kirchentag 2007, letzter Tag im rappelvollen "Gloria", Abschlusssession. Klüngelbeutel hatte währenddessen einen anderen Termin, interreligiöses Kabarett oder so, gegen Ende wollten Sie noch kommen, wir warten und überbrücken und wie durch ein Wunder kamen Sie durch den Baustellenverkehr Köln auf den Punkt rechtzeitig und schenkten uns ein unwiederholbares Finale mit ihrer Hymne "Du bes Kirche": Gänsehaut, Lichtmalereien am Gloriahimmel und Standing Ovation.
20 Bühnen-Jahre - Glückwunsch - und die unheilige Verbindung von Köln, Karneval protestantischer Kirche mit einem Schuss Nordhorn geht ja weiter, zum Glück, wieder mit so einem verrückten Titel: "Gott ist ein Hütchenspieler".
Wo kommt das nur alles her und wo führt das noch hin?
Keine Ahnung, ich freu mich einfach drauf!
Reiner Rautenberg
Hobbysatiriker bei der
Schwester & Bruder Gmbh und
Klüngelbeutel-Kenner, -Freund und -Fan
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Das Spiel
Ist ja interessant,
was die Leute wollen,
was wir alles tun
oder nicht tun sollen.
Sind doch nicht der Papst,
nur dass Ihr das wisst,
darum fragt uns nicht,
was die Botschaft ist.
Sagt ihr: Religion.
Sagen wir: Kakao.
Sagt ihr: Blasphemie.
Sagen wir: Helau.
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Fromme Narretei,
das ist halt der Stoff,
mit dem wir dealen.
Wir wolln doch nur spielen.
wir tun doch nichts.
Wir wolln doch nur spielen.
wir tun doch nichts.
Wenn ihr manchmal lacht,
muss euch nicht genier'n,
auch den Frömmsten kann
so was mal passier'n.
Es wär uns auch recht,
wenn ihr schon mal klatscht,
nur dass ihr nicht ständig
dazwischen quatscht.
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Eine Bitte noch:
wenn ein Stück euch nervt,
dass ihr dann nicht gleich
mit Tomaten werft.
Lasst mal lieber sein.
Habt bitte Respekt
vor unseren Gefühlen
Wir wolln doch nur spielen.
wir tun doch nichts.
Wir wolln doch nur spielen.
wir tun doch nichts.
Manche stehen auf Macht,
andere auf Profil,
manche auf dem Schlauch.
Wir stehen auf dem Spiel.
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Spielen gerne Schau
oder auch mal Ball,
spielen auch gern verrückt
mal im Karneval.
Mit den Worten und
mit dem Feuer spielen,
manchmal sogar auch
mit euren Gefühlen.
So sieht's bei uns aus,
wir fühl'n uns zuhaus
zwischen den Stühlen.
Wir wolln doch nur spielen.
wir tun doch nichts.
Wir wolln doch nur spielen.
wir tun doch nichts.
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(aus dem Papierkorb des Autors:)
Der Hütchenspieler als Engel
Ja, das haben Sie richtig gehört: "Hütchenspieler". Ja, nun - Leute mit strategischen Fähigkeiten werden da oben immer gebraucht.
Ja, was meinen Sie, was da alles zu regeln ist: Planetenbahnen, Wochentage, das Wetter, Werden und Vergehen ...
Da habe ich übrigens angefangen, bei Werden/Vergehen.
An sich ist das ein Job für Blöde: Für jeden von Ihnen gibt es da so einen Hebel, den macht man zuerst auf "Werden" - dann werden Sie geboren. Und dann irgendwann wieder zurück auf "Vergehen". Man muss natürlich aufpassen - vor allem als Anfänger, dass man das jetzt auch nicht zu schnell macht Sie sollen ja auch ein bisschen Spaß haben zwischendrin.
Jetzt bin ich bei Tag und Nacht. Das ist fast genauso langweilig. Viel lieber würde ich in die Abteilung für die Religionen wechseln.
Neulich hatte ich da immerhin schon mal ein Praktikum.
An meinem ersten Arbeitstag habe ich da natürlich erst mal einen ausgegeben, und in der Frühstückspause habe ich dann zu den anderen Engeln gesagt:
Passt mal auf: Das mit den Religionen und Weltanschauungen, das hat mir einer meiner Lehrer mal folgendermaßen erklärt.
Lehrer? haben die zurückgefragt. Gibt es für so einen Quatsch wie Hütchenspielen denn Lehrer?
Klar, sag ich. Schon mal was von Lessing gehört? Gotthold Ephraim Lessing, die Ringparabel aus dem Theaterstück "Nathan der Weise"? Bei uns Hütchenspielern gehört das zur Grundausbildung.
Also, passt auf: Da ist ein Vater, der hat einen Ring zu vererben.
Einen Wunder-Ring: Wer ihn trägt, wird von allen toll gefunden.
Und diesen Wunder-Ring kriegt traditionell immer der Sohn, den der Vater am meisten liebt.
Jetzt hat aber dieser Vater drei Söhne, die er alle drei gleich gern hat. Übertragen gesprochen: Judentum, Christentum, Islam. Oder meinetwegen heutzutage: Religion, Vernunft, Payback-Karte, egal.
Also: Was soll der Vater tun, damit sich keiner der drei Söhne am Ende überlegen und die anderen zwei sich zurückgesetzt fühlen?
Denkt sich der Vater was Schlaues aus: Er lässt Duplikate von dem Ring anfertigen, mischt das Ganze ein paar Mal kräftig durch - und schwupp: Kommt der erste Sohn - kriegt den Ring - und: Hurra! freut sich tierisch. Ich hab ihn!
Aber der zweite Sohn: schwupp - kriegt auch einen Ring! Juchhu!
Und selbst noch der dritte: Ah - ich hab ihn. Halleluja!
Klar, als die drei dann schnallen, dass jeder von ihnen einen Ring gekriegt hat, sind sie natürlich erst mal mächtig sauer auf den Vater. Er soll jetzt, bitte schön, sagen, aber sofort, wer von ihnen denn nun den richtigen Ring gekriegt hat.
Tut er aber nicht.
Das müsst ihr schon selber rausfinden, sagt er. Ihr könnt ja zum Beispiel einfach mal gucken, wie er wirkt, euer Ring? Wenn ihr euch auf einmal so ändert, dass die Menschen euch plötzlich lieben, dann habt ihr wahrscheinlich den echten Ring gekriegt.
Vielleicht passiert das dann aber am Ende gar nicht wegen dem Ring ...? Vielleicht ist der echte Ring ja schon vor langer Zeit verschütt gegangen, und ich habe euch mit dem Ganzen nur ausgetrickst? Damit ihr euch endlich mal ein bisschen anstrengt?
Weiß man's?
Tja, da haben sie natürlich alle groß geguckt, die Engel. So was wie die Ringparabel hatten die noch nicht gekannt. Für einen kleinen Überraschungs-Gag ist die abendländische Aufklärung halt immer noch gut.
Und als mich anschließend einer von den Engeln ganz entgeistert ansprach und fragte: Ja, aber, wenn der Vater Gott ist und die Söhne die Religionen, ist dann am Ende Gott auch - ein Hütchenspieler?
Da habe ich zu ihm gesagt: Ja, was dachtest du denn?
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